Der einheimische Volksschulrektor Ludwig Bettinger, seit vielen Jahren aktiver Heimatforscher und Verfasser heimatkundlicher Veröffentlichungen, hat aus Anlass der Herausgabe einer Festschrift zur Einweihung der Ostertalhalle die Dorfchronik von Hangard neu geschrieben und dabei neue, oft mühsam erarbeitete Erkenntnisse und heimatkundliche Forschungen berücksichtigt. Rektor und Ludwig Bettinger gebührt für diese Arbeit Dank und Anerkennung, zumal die Deutung des Namens Hangard in der Vergangenheit nicht immer einheitlich erfolgte.
Die Entwicklung, besonders die Gründung von Hangard, ist ohne einen Blick in die Vergangenheit von Wiebelskirchen nicht klarzustellen. Ludwig Bettinger formuliert es so: „Das alte Dorf Wiebelskirchen, das vor dem Dreißigjährigen Krieg von etwa
50 Familien (zirka 300 Einwohnern) bewohnt war, besaß damals einen ausgedehnten Bann. Zu ihm gehörte der heutige Hangarder Bann und große Teile des heutigen Münchwieser Bannes. Nach dem Dreißigjährigen Krieg-1650- zählte Wiebelskirchen nun mehr fünf Familien und eine Witwe. 36 Jahre später hatte sich die Zahl der Familien durch Niederlassung fremder Einwanderer erst auf 24 (zirka 150 Seelen) erhöht.
Diese wenigen Menschen machten zuerst die dorfnahen Ländereien wieder urbar, während die an der Peripherie ihres Bannes gelegenen immer mehr verwilderten. Daher entschloss sich der Landesherr der Graf von Nassau- Saarbrücken unter der Lehnsherrschaft des französischen Königs Ludwig XIV. – in diesem Raum zwei neue Dörfer (Hangard und Münchwies) anzulegen. Vom Wiebelskircher Bann wurden 542 Hektar Land für die geplante Siedlung, das spätere Hangard, abgetrennt. Um 1662 kam der erste Siedler, es war Jean Mathieu aus Velone. Zur Anlage seines Gehöftes wurde ihm in der oberen Bexbacher Straße, dort wo heute die Häuser Kurz-Recktenwald stehen, ein Bauplatz angewiesen. Auf der Flur erhielt er so viel Land „zum Ausstocken und Aufbutzen“ ausgesteint, wie er „zum Fruchtbar und Wieswachs für nötig erachtete“.
Bis zum Jahre 1701 ließen sich weitere 5 Familien nieder, Jean Didier, Henry Didier, Francois Habronvalle, Henry Dicolle und Francois le Culver, hinzu kam der Kuhhirt im Alter von 14 Jahren (1701) Anthoine Trampon.
Nachkommen (Namensträger) des Francois Habronvalle, die Sippe Prowald (Name verdeutscht) wohnen heute noch in Hangard. Von den Bewohnern der umliegenden Ortschaften erhielt der kleine Weiler den volkstümlichen Namen „Neudorf“, und zwar Neudorf uff (an) an der Oster, zum Unterschied eines anderen Neudorfes, dem heutigen Landsweiler/Reden. In der Haushaltsliste von 1707 heißt bereits die amtliche Ortsbezeichnung nicht mehr Neudorf, sondern „Hangartt“. Der Name Hangard ist viel älter als der Ort selbst. In einem Verzeichnis aus dem Jahre 1544 heißt es „item uf der Oster in den Hangarten ein wiese, ist geacht von zween wagen heus“. Zur Deutung des Namen Hangard muss seine älteste Schreibweise herangezogen werden: Hangarten (Han und Garten).
Han bedeutet geflochtener Zaun, etwas Eingehegtes. Garten war schon immer ein Stück Land, das eingezäunt war. Nach diesen eingezäunten, gräflichen Talwiesen unterhalb der heutigen Brückenstraße erhielt die Flur schon lange vor Ortsgründung den Namen Hangarten.
Wie Ludwig Bettinger weiter ausführt, versuchte man die Entstehung und den Namen des Dorfes vor 1930 verschieden zu deuten. Falsch ist, dass einige geflohene Hungernotten aus dem nordfranzösischen Dorf Hangard die Amiens sich auf Wiebelskircher Bann niedergelassen hätten und ihr neues Dorf nach ihrem verlassenen Heimatort auch Hangard nannten. Dies würde öfters belegt (alle Gründer Hangards waren katholisch und aufgrund einer Einwohnerliste: „Liste d´habitants de Hangard“). Nach 1697 erhielten die Saarbrücker Grafen (nach dem Frieden von Ryswyck) die vollen Rechte wieder.
Die meisten Welschen Einwanderer blieben in ihrer Wahlheimat und verdeutschten nach und nach ihre fremd klingenden Namen: Beauseler zu Baseler, Roufin zu Ruffing, Habronvalle zu Prowald, Pierron zu Pirro, Pirrung usw.
Nach dem Bannbuch von 1768 zählte „Alt-Hangard“ 25 Häuser und „Neu-Hangard“ (rechts der Oster) 1 Haus. Sie waren bewohnt von 18 katholischen, drei lutherischen und zwei reformierten Familien.
Bei der Neuordnung Europas nach den Befreiungskriegen wurde Hangrad „Grenzdorf“. Die alte über den Lichtenkopf-Steinernen Mann führende Höhenstraße wurde die Grenze zwischen dem preußischen Hangard und dem bayerischen Bexbach. 1843 zählte Hangard 391(275 katholische und 116 evangelische) Einwohner. Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 fielen drei Hangarder. Nach dem Friedensschluss wurden an der Osterbrücke drei Friedenseichen gepflanzt, zwei davon wurden später gefällt. 1910 hatte Hangard bereits 1388 Einwohner.
Im Ersten Weltkrieg starben 31 Hangarder durch Kriegseinwirkungen. In der „Saargebietszeit“ nach dem Ersten Weltkrieg standen in Hangard in der Lindenstraße zwei französische Zollhäuser. Der Zweite Weltkrieg ging für Hangard am 20. März 1945 zu Ende. Vor dem Abzug der deutschen Truppen wurden fünf Häuser im Oberdorf durch amerikanischen Artilleriebeschuss beschädigt, in der Gemarkung fielen acht deutsche Soldaten durch Jagdbomber- und Artilleriebeschuss, sieben Zivilpersonen kamen durch Fliegereinwirkungen um und drei Zivilisten wurden von betrunkenen amerikanischen Soldaten erschossen. 49 Soldaten, davon 47 zu Lande und zwei zur See, aus Hangard fielen im Zweiten Weltkrieg, 15 waren und sind heute noch vermisst. Aus dem einstigen kleinen Bauerdorf ist ein Arbeiterdorf mit 2100 Einwohnern entstanden. Die Katholiken haben seit 1922 eine eigene Pfarrei. Die ersten evangelischen Einwohner erschienen um 1715 (Familie Marx).